Crazy Colleague 7
Der Schlaumeier

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Die Geschichte des Kollegen

Weißt Du etwa was eine Mansube ist? Nein? Der Schlaumeier schon! Und er wird sich die Chance nicht nehmen lassen, dir dies und tausend andere Dinge, die dich nicht interessieren, ungefragt zu erklären. Wissen ist Macht und Macht macht einsam.

Gefährlich:  05

Nervtötend:  80

Kompetitiv:  80

Inkompetent: 05

 

Der Kollege

Schulbücher auf und mitschreiben. Der heutige Unterricht dreht sich um Kommunikation. Menschen reden gern, zumindest die meisten von uns und es gibt viele Gründe, warum wir es tun. An vorderster Stelle steht ganz klar ein Informationsaustausch. Wir teilen anderen mit, was wir wissen und erhalten im Gegenzug wertvolle Informationen von und über unsere Gegenüber. Ein Handel, von dem beide Gesprächspartner profitieren. Auch aus evolutiven Gründen ergibt das einen Sinn, denn so lernte schon der frühe Mensch überlebenswichtige Dinge. Zum Beispiel, in welcher Höhle er bequem wohnen kann und in welch anderer er stattdessen vom Bären verfrühstückt wird. Oder etwa von welchem Beerenstrauch er getrost Essen kann, welcher ihm vielleicht sogar die Sinne erweitert und ihn anschließend mit breiten Pupillen und breitem Grinsen einen schicken, prehistorischen „Moondance“ hinlegen lässt und welche Frucht hingegen ihn zum Opfer des Frühstücks macht. Würde er das nicht wissen, so hätte er sicherlich früher oder später von dem Strauch gekostet, der ihm die Adern ums Herz zuschnürt, bis die Zunge grün aus dem Mund hängt und die Augen sich zum „X“ verformen. Dieser Datenhandel ist also der erste Zweck von Konversation.

 

Auf der zweiten Ebene geht es subtiler zu. Wir benutzen die Fähigkeit des Sprechens zum Sozialisieren und zum Ausdruck unserer Emotionen. Es spielt dabei keine Rolle, dass in einem Büro viel, wahrhaftig sehr viel heißer Dampf und geistiger Müll ausgestoßen wird. Unter dem Vorwand des Sozialisierens hat alles plötzlich seinen Sinn. Manchmal reicht es Probleme, Gefühle oder einfach daherfliegende Gedanken in Worte zu fassen, um sich abzureagieren, sich zu trösten oder um Empathie zu zeigen. Auf diese Weise knüpfen wir Freundschaften oder erobern das Herz unseres Schwarms, falls der Waschbrettbauch nicht reicht oder nicht vorhanden ist. Um auf dieser Ebene erfolgreich zu sein, bedarf es gar nicht viel Sinn in den Worten. Andere Dinge spielen eine größere Rolle, wie zum Beispiel eine angenehme Stimme zu haben, den richtigen Tonfall zu treffen oder zu wissen, in welchem Moment es besser ist, den Mund aufzumachen und wann die Klappe zu halten ist.

 

Mit diesen zwei Rechtfertigungen fürs Sprechen im Sinn, sollte es eigentlich gar nicht so schwierig für ein kultiviertes Individuum sein, hin und wieder Informationen auszutauschen und ein anderes Mal ein bisschen für die zwischenmenschliche Beziehung belanglos daher zu tratschen. Dem ist aber nicht so für den Schlaumeier. Ihm fehlt die soziale Kompetenz im Gespräch. Er kann nur Informationen. Um den Mangel an sozialen Fähigkeiten zu kompensieren, kann er allerdings viel davon. Theodor kann verbal nicht sanft, er fährt immer gleich harte Geschütze auf. Steht eine kleine, vielleicht rhetorische Frage im Raum, kümmert es ihn nicht, wieviel der Fragestellende eigentlich wissen möchte. Die an Fakten überreichen Worte blubbern nur so aus ihm heraus. Ist die Wort-Lawine dann einmal ausgelöst, stürzt sie, ohne Möglichkeit aufgehalten zu werden, ins Tal der Ohrmuschel hinab und begräbt das gesamte Gespräch unter sich.

 

Dabei kann man grob zwischen zwei Typen des Schlaumeiers unterscheiden: Dem gebildeten Schlaumeier und dem neumalklugen Schlaumeier. Der Unterschied zwischen den Beiden ist, dass der erste wirklich weiß, wovon er spricht und sich des Gewichts, dass er dem anderen wie ein Ohrring aus Blei an die Läppchen hängt, nur nicht wirklich bewusst ist. Oft kommt dieser Schlaumeier wie ein verplanter Wissenschaftler daher, der mit dem Kopf immerzu in den Wolken hängt oder besser gesagt, in seiner Fakten basierten Cloud lebt. Wenn er dich mit Details zur Auswirkung von Winkelabhängikeit und Lochstärke des Käsehobels auf den Geschmack des Parmesanüberzuges der Pasta erdrückt, dann macht er das nicht aus Angeberei, sondern weil ihm normaler Käse einfach Käse ist. Er muss an jedes Gespräch wie an eine Wissenschaft herangehen und nichts ist für ihn schwieriger zu ertragen als belangloser Smalltalk.

 

Dann gibt es aber noch die schlimmere Form des Schlaumeiers. Derjenige, der seine sozialen Schwächen mit seinem Fachwissen zu kompensieren versucht, ohne dabei zu bemerken, dass er mit dieser Tour bei kaum jemand landen kann – zumindest solange wir hier nicht von einer Bauchlandung sprechen. Typisch ist, dass er in öffentlich geführten Gesprächen heimlich mitlauscht, bis er ein Signalwort hört, bei dem er denkt, punkten zu können, um sich dann urplötzlich und ungefragt einzumischen. Er lebt für den langen Diskurs und ihn zu stoppen ist meist schwer, denn er liebt es, sich selbst zuzuhören und widerspricht allem aus Prinzip, um sein Wissen als etwas ganz Exklusives darzustellen. Außerdem verschafft ihm das Widersprechen wertvolle Redenszeit. Dabei kriegt er gar nicht wirklich mit, dass seine Meinung die anderen meist gerade wenig interessiert. Da seine Ausführungen schwere Kost für seine Mitmenschen sind, ist es normal für ihn, dass er selten etwas gefragt wird. Er kennt es kaum anders. So realisiert er nicht einmal, dass er auf Desinteresse stößt, denn häufig ignoriert oder übergangen zu werden, ist für ihn Normalzustand.

 

Aber es gibt noch eine Steigerungsform, den Schlimmsten aller Schlaumeier. Denjenigen, der gerne für klug gehalten werden möchte, eigentlich aber gar nichts weiß und sich deshalb spektakuläre Geschichten erfindet. Denn eine weitere Faustregel ist, je dümmer der Schlaumeier, desto größer die Kartoffelwissenschaft. Niemandem ist es wichtiger als ihm, sich selbst reden zu hören und je schwieriger es ihm fällt, mit seinem Gelaber zu beeindrucken, umso unglaublicher werden seine frei erfundenen Pseudofakten. Jedes Widersprechen macht alles noch schlimmer, denn Recht zu haben, ist der Strohhalm, an den er sich klammert. Und dieser Halm besteht aus demselben Stroh, dass sich in seinem Kopf befindet. Versuche also besser gar nicht erst ihn zu überzeugen, seine Antwort steht vorher schon fest und wird stets das Gegenteil von dem sein, was Du gerade gesagt hast. Wie eine Fliege im Spinnennetz, je stärker Du dich windest, desto mehr verhedderst Du dich in den Fäden von Rumpelstilzchens Kopfstroh, dass er wie ein Spinner zu Katzengold spinnt.

 

Die Orientierung des Schlaumeiers

Das Problem

Der Schlaumeier kann sehr schnell erdrückend werden, denn er neigt dazu, jedes lockere, warme Gespräch mit kalten Fakten zu ersticken. In härteren Fällen von Schlaumeierei, sind diese Fakten dann nicht einmal wahr. Hast Du Lust auf etwas herzhaften Smalltalk, einen leichten Snack aus dem Selbstbedienungs-Automaten des Alltags, so ist er der Vertreter der Zuckerindustrie, die in jegliches Produkt unnötig viel Zucker steckt und es somit schwer und unverdaulich macht. Besonders störend kann sein Gehabe in Gruppen sein, denn er neigt dazu, alle Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und das Teamgefühl zu stören. Vor allem verbietet es uns im professionellen Umfeld der Verhaltenscodex, ihn konsequent zurecht zu stauchen. Noch schlimmer wird es, wenn er dasselbe Verhalten in Teambesprechungen an den Tag legt. Vielleicht gibst Du einen hervorragenden Vortrag, hast aber einen Schlaumeier in der Runde, der kontinuierlich versucht dir zu widersprechen. Rein aus dem Zweck, sich selbst zu profilieren und nicht etwa, da es die Runde weiterbringen könnte. Jackpot der Ärgerlichkeit, wenn er dann zufälliger Weise auch mal recht haben sollte. Wie kann man sich gegen solche Labertaschen und Besserwisser wappnen?

Lösung 1: Brain-drain, geistige Drainage

Der Ernährungsplan eines Schlaumeiers ähnelt dem eines Zombies: Er besteht vor allem aus Gehirn. Zum Frühstück gibt’s Hirn auf Brot geschmiert, zum Mittag gibt es gebackenes Hirn aus dem Ofen und zum Abendbrot steht Synapsen-Salat an – natürlich aus menschlichem Hirn gemacht! Willst Du von ihm in Ruhe gelassen werden, so hungere ihn aus! Gehe dich am Vortag beim Friseur informieren, dort gibt es viele interessante Zeitschriften kostenlos zu lesen! Oder untersetze dich einer Therapie wie in Kubricks Uhrwerk Orange: Konstruiere dir einen Kanal aus „Promi Big Brother“, „Bauer sucht Frau“, „too hot to handle“ und dem PRO7 Infotainmentmagazin „Galileo“. Dann zwinge dich dazu, die ganzen Ausgaben von vorne bis hinten mit zu verfolgen. Wahrscheinlich wirst Du dabei Hilfe benötigen, jemanden der dich ans Sofa fesselt, die Fernbedienung in der Mikrowelle schmelzt und auch die Streichhölzer zum Aufsperren der Augenlieder nicht vergisst. Wenn Du diese Therapie durchhältst, dann bist Du bestens für die Konfrontation mit dem Schlaumeier gewappnet. Warte auf die Ankunft des Schlaumeiers und bombardiere ihnen mit all den gelernten Nichtfakten. Kreiere ein Vakuum im Raum, dass ihm das Gehirn schneller als ein Altägyptischer-Pharaonen-Nasensauger aus der Nase zu ziehen droht. Er wird höchst allergisch auf solche Gesprächsthemen reagieren und Du hast vorerst deine Ruhe. Aber bitte vorsichtig, der Autor dieses Buches haftet nicht für eventuelle Kollateralschäden an deinem eigenen Gehirn.

Lösung 2: Schließe dich mit dem Bully zusammen

Eine weitere Abschreckungsmaßnahme kann der Zusammenschluss mit einem klassischen Bully sein, von jeher der Erzfeind und Schrecken des Schlaumeiers. Die meisten Schlaumeier haben wahrscheinlich irgendwann mal zu Schulzeiten auf dem Schulhof unter einem weitaus stärkeren Kind gelitten, welches aus gar nicht so unkluger Weitsicht, das nervige, neunmalkluge Kind mit ein bisschen Psychoterror und liebevoller Erziehungsgewalt in seine Schranken verwiesen hat. Leider verdreht die Popkultur hier oft den Sachverhalt und stellt den armen Bully für gewöhnlich als den Bösewicht dar. Wie man zu dem Thema auch stehen mag, am Arbeitsplatz geht es normalerweise gesitteter als auf dem Schulhof zu und ein Bully wird dem Schlaumeier kaum mehr den Arm umdrehen, ihn sein Geld fürs Pausenbrot abnehmen oder gar seinen Kopf in die Toilette tunken. Aber er wird dem Schlaumeier vielleicht mit entschiedener Stimme klarmachen, was er von seinen intelligenten Ausführungen hält („Ey Einstein, laber hier nich so dumm rum, ey!“), ihn damit einschüchtern und dir somit die schmutzige Arbeit abnehmen.

Lösung 3: Mach aus dem Fakten-Duell ein Faxen-Duell

Vielleicht bist Du selber ein Schlaumeier? Oder kennst dich in einem Themengebiet so perfekt aus, dass keiner dir das Wasser reichen kann? In dem Fall kannst Du es auf ein Duell ankommen lassen. Abgesehen vom Bully, hat Theodor nur vor Seinesgleichen mehr Angst, eine Person die noch schlauer ist als er und ihm dadurch den Rang abläuft. Lass es drauf ankommen, bereite dich auf ein Quiz in deinem Themengebiet vor. Sorge dafür, dass Zeugen anwesend sind, wenn es zum Duell kommen sollte. Scheue dich auch nicht vorm Tricksen, sollte es kein Themengebiet geben, auf dem Du mithalten kannst. Hier geht es nicht darum einen Preis zu gewinnen, hier geht es darum, dem Schlaumeier eine Lehre zu erteilen. Spicker, getürkte Fragen, Hilfe aus dem Publikum. Da wohl alle neutralen Zuschauer – wie man beim Sport so schön sagt – auf deiner Seite sind, kannst Du auf ihre Unterstützung bauen. Steige in den Ring mit ihm und strecke ihn nieder – Denke daran, Du hast nichts zu verlieren, er alles! Nach einer Niederlage wird er es garantiert eine lange Weile nicht mehr wagen, dir zu widersprechen!

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