Crazy Colleague 23
Der Vampir
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Die Geschichte des Kollegen

Gib Acht, der Vampir geht um! Auch wenn er dir tagtäglich nur ein paar Tropfen Blut entnimmt, sein Durst übertrifft den eines britischen Kneipenhooligans nach dem Besuch im Tex-Mex-Restaurant, er hört nicht auf, bevor er dich endgültig leer gesaugt hat!
Gefährlich: 95
Nervtötend: 00
Kompetitiv: 90
Inkompetent: 10

Der Kollege
Vlad, der Vampir, stellt eine Gefahr dar. Zweifellos, ist er nicht der Schrecken, der die Nacht durchflattert, aber er ist skrupelloser als Cruella de Vil beim Winterschlussverkauf. Er saugt seine Opfer auf Raten aus, nimmt sich von ihnen was er kann, solange die Saug-Flatrate läuft und überlässt sie dann ihrem Schicksal. Problematisch ist: Vlad ist subtil, es bedarf besonderer Sinnesschärfe, sich dem Schaden, den er anrichtet, bewusst zu werden, bevor es zu spät ist. In der Regel ist sein Auftreten elegant, freundlich und unauffällig. Vlad gibt sich als dein Freund aus, ohne dabei aufdringlich zu sein. Er weiß zu gut, dass ihm überschwängliche Freundschaftsgesten und Versprechen zum Verhängnis werden könnten, denn sie sind auf die Dauer nicht durchzuhalten und würden ihn enttarnen. Nein, er operiert geduldig aus dem Schatten, erwirbt dezent deine Gunst und bedient sich in kleinen Häppchen an deiner Hilfsbereitschaft, ohne dass Du bemerkst, dass er dir etwas nimmt.
Ihn interessiert dabei in der Regel nur eins: Das Blut! Natürlich kein physisches Blut. Vielleicht mag es auch ein paar sonderliche Kollegen geben, die ohne Vorwarnung einen anderen beißen, aber diese Art von Vampir ist hier nicht gemeint (außerdem spräche der Fachmann in diesem Fall eher von einem zombiemäßigen, gar kannibalistischen Verhalten). Das Blut von dem wir hier sprechen, ist der wahre Grundstoff von dem eine Firma und auch die Politik lebt: Informationen und Daten. Es ist der Lebenssaft einer heutigen Gesellschaft, die pure Essenz ihres Daseins. Wenn man überlegt, so ist eine Firma nicht viel mehr, als ein theoretisches Konstrukt, das aus Daten besteht. Wer die Macht über die Daten besitzt, kontrolliert auch die Vorgänge vor Ort! Das ist vielen bekannt. Vor allem heutzutage, im Zeitalter des Cyberspace, nimmt die Zahl an Monstern, die mit Daten ihren Unsinn treiben wie Trolle und Vampire, zu.
Der Vampir hat solange Interesse an dir, wie er Informationen entnehmen kann. Dies kann sowohl Fachwissen, als auch Firmeninternes oder Kollegen-Klatsch betreffen. Klammheimlich benutzt er dich als Informationsquelle, um sich deiner Daten zu bemächtigen und sie sich dann skrupellos für seine Ziele zu Nutze zu machen. Im schlimmsten Fall, verwendet er deine Informationen dann sogar gegen dich. Also hüte dich im Dasein eines Vampirs davor, dich angreifbar zu machen. Vermeide es dringlichst, ihm Hinweise über deine Schwächen oder gar schlimme Fehlverhalten in der Firma zukommen zulassen. Selbstironie mag lustig sein und manchmal auch von Stärke zeugen, aber in Gegenwahrt Vlads ist sie gefährlich. So als würdest Du dir noch Nutella (oder Leberwurst – wer kennt schon ihre Vorlieben?) an den Hals schmieren, für noch mehr vampirischen Beißgenuss.
Solltest Du so naiv oder ungeschickt sein, ihm eine Schwachstelle zu offenbaren, so wirst Du dir des Schadens zunächst wahrscheinlich gar nicht bewusst werden. Denn der Himmel wird dir nicht gleich auf den Kopf fallen, aber die Strafe erreicht dich schleichend wie ein Ameisengift. Anfangs wird dir alles normal erscheinen. Vlad ist geduldig. Im Moment des Entgleisens wird dir Vlad Mitleid vortäuschen und deine Probleme kleinreden. Seine spitzen Zähne hält er indessen hinter der Zunge versteckt. Er wirkt zuvorkommend, aber in seinen Gedanken absorbiert er jeden deiner Fehltritte. Er plant schon, wie er die Informationen im richtigen Augenblick gegen dich oder andere einsetzen können wird. Vergiss nicht, er ist eine Kreatur der Nacht und scheut den offenen Konflikt. Nimm es nicht persönlich, ihn interessieren keine menschlichen Schicksale und manchmal handelt er auch im Auftrag. Wenn Du dann am Ende dahinterkommst, dass dich über Monate hinweg ein Vampir ausgenutzt hat, deine engsten Geheimnisse weitergeben und in hinterhältigster Weise den Vorgesetzten dargeboten hat, dann ist es zu spät für eine direkte Konfrontation. Vlad weiß es geschickt, seine bleichen, untoten Hände als engelsweiß zu verkaufen. Dein Ruf ist an dieser Stelle wahrscheinlich schon soweit ruiniert, dass nur noch deine engsten Freunde dir Glauben schenken mögen.
Der Vampir ist nicht mit dem klassischen Intriganten zu verwechseln (siehe Kapitel „Der hinterlistige Großwesir“), der dir vortäuscht dein Freund zu sein und dabei schon ein Umsturzszenario plant. Vlad arbeitet globaler. Er ist darauf aus, in alle Schichten der Firma vorzudringen, umso von möglichst vielen Personen Informationen zu sammeln und diese zu seinen Gunsten zu verwenden. Eine Datenkrake. Er versucht seine Fledermausfühler in alle Schubladen zu stecken und spielt das Karrierespiel geordnet und als Ganzes – Nicht wie ein radikaler Revoluzzer, der an einer metaphorischen oder gar echten Bombe baut. Er erschafft einen Nebel um seine Person. Einen Nebel, der so dicht ist, dass selbst ein Adler seinen Posten als Aufseher an den Maulwurf vermachen würde, da es bei der Undurchsichtigkeit kein Unterschied macht, wer Kontrolle steht.
So geschickt der Vampir in seiner Heimtücke auch sein mag, so schlicht sind meist seine Beweggründe andere aus dem Weg zu räumen. Vlad ist ein Strippenzieher ohne Gewissen, dem im Machtkampf jedes Mittel recht ist. Wahrscheinlich ist er sich selber bewusst, dass sein Spiel nicht immer fair ist. Aber er selbst hat der hellen Seite abgeschworen. Vlad glaubt nicht mehr an das Gute und rechtfertigt somit sein Tun für sich selbst. Es ist gut möglich, dass er zu einem früheren Zeitpunkt selbst Opfer eines Vampirs geworden ist und sich so das Böse auf ihn übertragen hat. Was auch immer ihn dazu gebracht hat, ein Vampir zu werden, die Seele Vlads ist verloren, hoffe nicht darauf, dass er sich je ändern wird. Es gibt keine Edward Cullens unter ihnen, dir kann nur Buffy, die Vampirjägerin helfen.

Die Orientierung des Vampirs
Das Problem
Das Problem liegt auf der Hand: Du glaubst von freundlichen, gutmeinenden Kollegen umgeben zu sein, dabei ist in Wirklichkeit einer unter ihn ein Vampir, der dich und andere schamlos ausnutzt. Je länger Du dies zulässt, desto größer wird der Schaden werden. Vampire in einer Firma aufzuspüren, sollte hohe Priorität haben. Doch ist nicht nur das Aufspüren von Vampiren schwierig, auch das Entsorgen fällt nicht leicht, besonders, wenn ihr schon lange eine oberflächlich gute, kollegiale Beziehung pflegt. Leider stellen viel Sonne, Knoblauch oder gar das Treiben eines Pflockes durch sein Herz keine sinnvollen Lösungen bei diesem Untoten dar (auch wenn letzteres technisch sehr effizient ist, so zieht es mit Sicherheit gravierende, unerwünschte, rechtliche Folgen mit sich). Vielleicht könne ein übermäßiger Genuss an Knoblauch noch bedingt helfen, würde aber zu nicht vorhersehbaren, sozialen Kollateralschäden führen. Wie verhindert man, vom Vampir ausgesaugt zu werden und womöglich selber zu einem zu werden? Das ist leider nicht immer vermeidbar. Wie Du ihm zumindest etwas die spitzen Zähne abfeilen kannst, erfährst Du im Folgenden.
Lösung 1: Schnelles Enttarnen
Wie erkennt man zügig, ob man einen Vampir in seinen Reihen hat? Um den Vampir zu entlarven, musst Du noch smarter sein als er. Wir empfehlen dir, solltest Du nur den geringsten Verdacht haben, dass sich unter deinen Kollegen ein Vampir versteckt, ihn ein paar unauffälligen Proben zu unterziehen. Höre dich in deiner Umgebung um und beobachte, wie erfahrene Kollegen mit ihm umgehen. Scheint es so, als ob die Dienstältesten ihn meiden oder spricht und lacht jeder offen mit ihm? Ein unauffälliger Test besteht darin, zu prüfen, wie viele Informationen er dir in einem Gespräch zurückgibt. Sprecht ihr über ein Thema, bei dem er viel mehr beitragen könnte als Du, aber er gibt sich kaum die Blöße, etwas von Wert beizutragen? Ist er überaus vorsichtig dabei, dir nichts Nützliches zu verraten, während er dich im Gegenzug aushorcht? Dann ist die Gefahr hoch, dass Du an einen Vampir geraten bist. Die Anzeichen sind oft nicht einfach zu deuten, aber auch der Vampir ist kein perfekter Täuscher. Anhand dessen, was er nicht sagt, kannst Du ihn mit etwas Glück identifizieren. Beobachte des Weiteren, wie er mit Informationen umgeht, die Du nur ihm gegeben hast, indem Du in den Folgetagen mit seinen engsten Kontakten sprichst. Du musst sie nicht zur Rede stellen, teste ihre Reaktionen aus, wenn Du über vertrauliches Wissen sprichst, dass Du bis jetzt nur dem vermeintlichen Vampir gegeben hast – überrascht es sie oder scheinen sie schon alles zu kennen?
Lösung 2: Weihwasser
Es ist davon abzuraten, sich bei einem Geistlichen einen Eimer Wasser segnen zu lassen und diesen dem Vampir über den Kopf zu gießen – Glaube mir, es wird nicht den gleichen Effekt wie bei „From Dusk till Dawn“ oder Stephen Kings „Brennen muss Salem!“ haben. Auch wäre es ein bisschen viel des Guten, den Vampir in einen Haufen Staub zu verwandeln – wie täte sich die Putzkraft dafür bedanken! Nein, das Weihwasser ist zum Putzen da und zwar von Informationen, die der Vampir verwenden könnte. Versuche dich bedeckt zu halten, hinterlasse keine Spuren von sensiblem Wissen und eventuellen Fehlern, die Du begangen hast. Entziehe dem Vampir sozusagen die Nahrung. Wenn er merkt, dass es bei dir wenig Blut zu holen gibt, wird er wahrscheinlich nicht „Vegetampirarier“ werden, sich aber bestimmt auf andere Opfer konzentrieren.
Lösung 3: Maskenball
Der Vampir ernährt sich von Informationen, aber nicht alle Informationen sind leicht zu verdauen. Dieser Lösungsvorschlag ist nur umzusetzen, wenn ein Vampir erfolgreich identifiziert wurde und er sich auch schon genügend Feinde gemacht hat. Verbünde dich mit anderen und setzt euch Masken wie bei einem venezianischen Ball auf – verwirrt den Vampir bis er sein Spiegelbild nicht mehr sieht! Gemeinsam könnt ihr Falschinformationen für ihn aufsetzen, während ihr die Wahrheit für euch behält. Solltest Du Opfer eines Vampirs geworden sein, so bist Du wahrscheinlich nicht die einzige Person. Horche dich um, und finde heraus wer noch. Gemeinsam seid ihr stark genug, den bösen Machenschaften des Vampirs den Saft abzudrehen – oder besser gesagt, das Blut zu entziehen!
