Crazy Colleague #17
Der Haushälter

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Der 17te Kollege in Deutsch

Die Geschichte des Kollegen

„Stein und Mörtel bauen ein Haus, Geist und Liebe schmücken es aus.“ – unbekannt (Wahrscheinlich von einem Haushälter erfunden!)

Gefährlich:  05

Nervtötend:  55

Kompetitiv:  05

Inkompetent: 20

 

Der Kollege

Wir schreiben das Jahr 2023 nach Christus. Die Angestellten dieser Welt hassen es, täglich zur Arbeit zu pendeln, um ihre kostbare Lebenszeit monotonen, sich immer wiederholenden Büroaktivitäten zu widmen. Hassen es alle Angestellten ihre kostbare Zeit so zu verschwenden? Nein, eine kleine Gruppe unverbesserlicher Arbeitsromantiker leistet der Alltagsmelancholie Widerstand und lässt sich, wann immer möglich, keine Minute im Büro durch lästige Ferien entgehen. Auf halber Strecke ihres Berufslebens könnten sie mit den angestauten Ferien ein bezahltes Sabbatjahr machen. Leider haben sie daran aber so gar kein Interesse, eher lassen sie die Ferien verfallen. Wer sind diese verrückten Aufständischen, die es wagen, sich den Gesetzen der Natur und dem menschlichen Verlangen nach Freiheit zu widersetzen?  Kein Zweifel, es sind die Haushälter!

Aber was läuft in ihren Köpfen eigentlich so verkehrt, dass sie ihrer persönlichen Ausbeutungen nicht wie alle anderen normalen Menschen angewidert und demotiviert gegenüberstehen können? Die Antwort ist ganz einfach: Sie betrachten das Büro als ihr Zuhause. Also als IHR wirkliches Zuhause. Firma mein, ist mein Eigenheim! Und in den eigenen vier Wänden hat man bekanntlich mal gute und mal schlechte Laune, lässt sich aber einfach nicht so schnell unterkriegen.

Denke jedoch nicht, dass die Haushälter wie Hannelore immer gut gelaunt wären und sich in ihrer bescheidenen Situation jeden Tag pudelwohl fühlten. Ganz im Gegenteil, die Liebe zum Eigenheim spiegelt sich eher im Konzept einer langen Klischeeehe als in einer heißen Romanze wider. Die Haushälter nehmen für sich die Rolle des ehrenamtlichen Ordnungshüters in der Firma ein. Ihnen liegt der Erhalt der Ordnung in ihrem Eigenheim am Herzen und sie betrachten jeden Kollegen als einen Mitbewohner dieser Wohngemeinschaft. Wie in einer Familie, gibt es eine Hierarchie, bei der – nach klassischem fünfziger Jahre Bild – Der Chef die Rolle des Vaters innehat, die Kollegen aus dem Großraumbüro die Kinder darstellen und Hannelore selbst die Rolle der Mutter einnimmt, die allen mit dem Staubwedel hinterherputzen muss.

Deshalb ist Hannelore eine ganz zentrale Figure in der Firma. Sie ist wahrscheinlich die einzige Person, die mehr als die Personalabteilung über jeden einzelnen der Mitarbeiter weiß. Und zwar nicht das schnöde Faktenwissen wie Geburtsort, Geburtsname, Adresse und Gähn mich doch einen. Sie besitzt all das wichtige Detailwissen, kennt die Ticks und Ängste der Mitarbeiter, weiß über die Beziehungen zwischen ihnen Bescheid, Techtelmechtel, uneheliche Kinder, erahnt ihre Stärken und Schwächen, heimliche Nickerchen, Alkoholmissbrauch, Kopierstauverursacher mit anschließender Fahnenflucht. Vor allem pflegt sie aktiv Kontakt zu nahezu jedem in der Firma. Dabei ist es nicht einfach nur Neugier, die Hannelore dazu bringt, ihre Nase in die Angelegenheiten der anderen zu stecken. Auch, aber sie tut es genauso für ihr Heimatgefühl. Sie lässt es nicht zu, dass ein „Unbekannter“ in ihrem Haus wohnt. Sie interessiert sich für die Marotten der Kollegen und den Tratsch. Das Beeindruckende ist, dass sie nie etwas von der alltäglichen Synapsen-Verschmutzung vergisst. Alles was an ihre Ohren dringt, bleibt in deren Zwischenraum auf ewig gefangen.

Problematisch kann Hannelores Beziehung zum Firmeneigentum sein, denn auch wenn sie sich bewusst ist, dass es nicht ihres ist, so fühlt sie sich doch mit jedem Schrank, jedem Stuhl und jedem Stift emotional verbunden. Nichts hasst ein Haushälter so sehr, wie wenn sich ein Kollege, wahrscheinlich noch ohne zu fragen, etwas „ausleiht“ und es danach nicht mehr auffindbar ist. Es fühlt sich für Hannelore an, als wären Diebe im eigenen Heim anwesend und dass setzt sie vor große Probleme, welche sie gar manisch werden lassen können. Möglicherweise beginnt sie dann Namen auf das Firmeninventar zu schreiben oder wie in einem Kaufmannsladenkinderspiel, Etiketten auszudrucken und überall aufzukleben. Jede Schreibtischlampe, jeder Locher, jeder Stift erhält sein Etikett.

Aber nicht nur Drucketikette haben es ihr angetan. Ein weiteres Charakteristikum des Haushälters ist es, dass er einen besonderen Wert auf DIE Etikette legt. In einer guten Stube, herrscht auch gutes Benehmen und ein angenehmer Ton. Hannelore kann aufzählen, wie oft jeder Einzelne vergessen hat, am Morgen zu grüßen oder sich am Abend zu verabschieden. Jedes Schimpfwort und jeden geschmacklosen Scherz, lässt sie dich teuer mit einer Verhaltenspredigt bezahlen. Generell ist sie sehr empfindlich gegenüber jeglichen Dingen, die bei der Arbeit nichts zu suchen haben. Ganz besonders ein etwas in die Jahre gekommener Haushälter reagiert oft allergisch auf die übermäßige Verwendung des Smartphones im Büro, da wird er schnell wirsch. „Hallo, hier bin ich, schau mich an! Ich will zwar nicht mit dir reden, aber … jetzt ist mal Schluss mit diesem vermaledeiten Ding!“.

Auf der positiven Seite ist anzumerken, dass sich Hannelore wirklich Mühe gibt, den Arbeitsplatz wohnlich zu gestalten. Pflanzen, Tischdekoration, ein Behälter mit Gummibärchen wie beim Kinderarzt – es ist einfach an alles gedacht. Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite. Je schöner sie die Umgebung gestaltet, desto mehr setzt sie dich unter Druck, nicht negativ in diesem Wohlfühlbereich aufzufallen. Ordnung und Sauberkeit auf dem eigenen Schreibtisch ist ein Muss. Auch mit der Lautstärke am Arbeitsplatz ist Vorsicht geboten. „Wir sind doch kein Karnevalsverein!“. Am liebsten würde Hannelore das Büro in einen edlen Damensalon umwandeln. Aber zum Glück kann die Firmenordnung auch mal zum Guten nützlich sein, denn wäre es nicht ein Verstoß gegen die Kleiderordnung, würde sie dir wohl gar aufzwingen, Puschen zu tragen!

Die Orientierung des Haushälters

Das Problem

Der Haushälter hat Wissen. Und Wissen ist Macht. Er hat das Wissen über alle in der Firma und so auch Macht über sie. Mach dir lieber den Chef zum Feind, als dich mit ihm anzulegen, denn er kennt deine Schwächen, deine Bedürfnisse und ist mit jedermann vernetzt. In Wirklichkeit ist er es, der im Arbeitsalltag das Zepter schwenkt. Hast Du es dir einmal mit ihm verscherzt, so lebst Du als Abtrünniger in dem Haus eines anderen. Keiner deiner noch so kleinen Fauxpas bleibt mehr unbemerkt und wird sofort abgestraft. Hinzu kommt, dass er über ein großes Netzwerk verfügt, dass ihm den Rücken stärkt, sollte es zu Zwist kommen. Mit ihm auf dem Kriegspfad zu sein, heißt zu riskieren, dass er schrittweise die anderen gegen dich ausspielt, bis sie irgendwann alle gegen dich eingenommen sind. In welche Rolle solltest Du in der Firmenfamilie schlüpfen, um Probleme mit diesem mächtigen Kollegen vorzubeugen?

Lösung 1: Sei ein gutes Kind

Wenn Hannelore die Firma als ihre Familie ansieht, dann ist die einfachste Lösung, um sie glücklich zu stimmen, ein braves Kind zu sein. Jeder weiß, es gib keine engere Bindung, als die zwischen einem Kind und seiner Mutter. In der Praxis bedeutet das zunächst einmal Geduld zu haben. In die Rolle eines Kindes zu schlüpfen ist nach der Pubertät nicht mehr so einfach. Es ist wichtig, gut zuzuhören und ihre Ratschläge ernst zu nehmen, nicht mit Büroutensilien zu spielen und immer schön „Danke“ und „Entschuldigung“ zu sagen. Auch wenn Du dir manchmal ein wenig unterwürfig vorkommen magst, es lohnt sich, ihren Rat zu befolgen, denn dann wird dich deine neue Pflegemutter bei der Hand nehmen und dich gerade in den unübersichtlichen Anfangszeiten durch die sozialen Wirren der Firma führen. Wie wir schon festgestellt haben, ist Hannelore, die vielleicht einflussreichste Figur im Büro. Sie als Verbündeten zu haben, kann sehr viele Vorteile mit sich bringen. Besonders wertvoll kann der Haushälter als Vermittler in Streitsituationen werden, denn es liegt ihm selbst am meisten daran, den Laden beisammen zu halten.

Lösung 2: Sei der brave, große Onkel

Dir liegt die Rolle des Kindes nicht, Du findest sie demütigend und herabwürdigend? Du willst deine eigene Autorität nicht untergraben und lieber als starkes Vorbild vorangehenden, anstatt nur ein unterwürfiger Ja-Sager zu sein? Nun gut, wenn dir die Rolle als Kind nicht liegt, warum wagst Du es nicht, einen Schritt weiter zu gehen und probierst dich als braver Onkel aus? Die Vertrauensperson der Mutter, an dessen starke Schulter sie ihren Kopf legt, wenn die undankbaren Bälger das Haus in Flammen stehen lassen und der Vater sie mit allen Problemen mal wieder alleine lässt. D.h. Du musst nicht alles strikt befolgen, was sie dir aufträgt und kannst auch gerne mal mit ihr streiten. Wichtig ist, dass Du dich dann für sie einsetzt, wenn es darauf ankommt. Beweise ihr, dass Du aufrichtig bist und es dir mehr bedeutet, gerecht und authentisch zu sein, als der Obrigkeit nach zu schleimen. Und zeige ihr, dass Du bereit bist, auch mal etwas für sie zu riskieren. Folge deinem Herzen, auch wenn das heißt, dem Chef in manchen Fragen zu widersprechen. Dem Haushälter ist Recht und Ordnung heilig, er sieht sich als Verfechter dessen und wenn Du ihm in seinem Kampf gegen die Ungerechtigkeit unterstützt, hast Du seine Gunst im Nu erobert.

Lösung 3: Sei der böse Onkel

Du möchtest gar keine zu enge Beziehung zum Haushälter pflegen? Dir ist es zu wieder, dich zu sehr in diese Familie zu integrieren und bevorzugst es, deine Ruhe und keine sozialen Verpflichtungen zu haben? Dann gibt es immer noch die Rolle des bösen Onkels, der bei den Familienfeiern nicht gern gesehen ist, aber dennoch irgendwie zur Familie gehört. Das heißt, die richtige Gratwanderung bei der Desozialisierung zu beherrschen. Mach dich ruhig unbeliebt, sei unordentlich und laut, vermeide unerwünschten sozialen Kontakt, aber lass dir nichts zu Schulden kommen, bei dem man dir böse Absicht unterstellen könnte. Verletze die Hausregeln, aber ohne kriminell zu werden. Der Haushälter muss dich intensiv meiden wollen. Du bist für ihn der Schimmel hinter der Tapete oder der Schmutz, welcher unter den Teppich gekehrt wurde. Er weiß das Du da bist, aber er kann deine Präsenz ignorieren, solange es nicht zur direkten Konfrontation kommt.

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