Crazy Colleague 10
Der Künstlertyp

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Der 10 Kollege aus der CC Reihe
Der 10 Kollege aus der CC Reihe

Die Geschichte des Kollegen

Dies ist keine Pfeife. (Hinweis zur Interpretation, denn ihr Kunstbanausen würdet alleine nie darauf kommen: Es geht hier nicht um das Gemälde der Pfeife von René Magritte. Es geht hier um den Künstlertyp, in gewissem Sinne eine Pfeife, aber keine zum Rauchen, deshalb dieser kryptische Einleitungssatz).

Gefährlich:  40

Nervtötend:  60

Kompetitiv:  40

Inkompetent: 60

 

Der Kollege

Sie lächelt dich lasziv an. „Möchtest du mich auf eine Vernissage begleiten?“ Eine hübsche, ja gar verdammt heiße und erfolgreiche Geschäftsfrau richtet sich mit dieser Frage an dich. Dir wird nun sicherlich ganz heiß und Du denkst dir „Meint sie wirklich mich?“. Aber sicher! Zumindest suggeriert dir dies der Werbetext, welcher in einer falschen Chat-Box zusammen mit ihrem Bild in deinem Browser erscheint. Mit dieser originellen Methode versucht die erfolgreiche Paarbörse „Elitepartner“ auf diversen Webseiten Klicks zu generieren. Deine Klicks. Deine Mehrwertsteuer, falls Du für ihre Dienste bezahlen solltest. Du kommst zu Vernunft. „Nein, garantiert nicht! Lass mich in Frieden, du olle Schrulle!“, würdest Du ihr gern als Antwort zurückschreiben, als Du dir des Schwindels bewusstwirst. Aber hätte es ein Auswahlmenü gemäß den berühmten Schulhofzetteln gegeben, „Ja, Nein, vielleicht“ und möglicherweise „Ich will nur knattern“ (hier würde sich Elitepartner dann ganz offen mit dem Mythos „Dumm knattert gut“ konfrontieren), so wäre der Künstlertyp ganz sicher einer, der positiv auf die Anfrage der Dame antworten würde. Denn er liebt Dinge, die durch französische Sprache spannender und elitärer klingen, als sie eigentlich sind.

Der Künstlertyp. In unserem Büro verkörpert durch Chantal. Hier fällt sie schon durch ihre adrette Kleidung auf. Sie liebt es extrovertiert und hat einen Hang zu auffälligen Accessoires. Chantal nutzt diese, um sich visuell von dem einfachen Pöbel abzugrenzen. Auch in Innenräumen trägt sie modischen oder unmodischen kleinen Schnickschnack, wie Ziertücher, Modeschals, Diademe, Bisonrattenleder, unbekannte Kunstobjekte (sogenannte UKOs, entworfen in den Weiten der Leere des menschlichen Gehirns), bis hin zu ausgestopften Füchsen oder anderem Kleinvieh um den Hals. Auch hat sie einen Hang zu Plüsch, egal ob an der Jacke, an ihren Modehandschuhen oder an den Stiefelchen.

Des Weiteren ist sie ein phonetischer Künstler. Keine beherrscht wie sie die hohe Kunst des nasalen Sprechens.  Keine Ahnung, ob der Hang für Kunst im Menschen irgendwie eine Verengung der Nasenwände bewirken kann, jedenfalls klingen die Künstlertypen gerne so, als hätten sie 365 Tage im Jahr eine Erkältung. Sollte Chantal sich dann wirklich mal erkälten, bleibt es ein Mysterium, wie es ihr gelingt, weiter zu atmen.  Aber nicht nur ihre Nase ist speziell. Auch ihre Augen schielen oft bedächtig nach oben. Unter ihren Augenlidern muss es sehr schön sein, denn manchmal schielt sie so sehr in die Höhe, dass ihre Pupillen quasi unter ihnen verschwinden. Vielleicht hat sie sich ja Miniaturgemälde auf die Innenseite ihrer Lider tätowieren lassen? Wer weiß, auf jeden Fall ist das Schielen nach oben eine weitere Macke, mit der sie sich vom einfachen Rest abgrenzt.

Auch am Gang ist ein Künstlertyp wie Chantal leicht zu identifizieren, denn sie geht nicht, sie stolziert. Sie befindet sich rund um die Uhr auf einem imaginären Laufsteg. Aber nicht falsch verstehen, sie läuft nicht wie das klassische, eiskalte Unterwäschemodel, mit beinhartem Blick und einer lässigen Eleganz. Nein, ihre Art zu Laufen ist eher die einer Vampir-Lady mit horizontal ausgestreckten Armen und einem Stock im Hintern, der ihr eine „Hin-und-Her“-Schäker-Bewegung verleiht. In der Nacht, bei Sonnenfinsternis oder bei Stromausfall kann das durchaus unheimlich wirken.

Kommt es zum Gespräch, so wird der Künstlertyp zu einer intellektuellen Herausforderung. Kreativ wie er ist, findet er die kompliziertesten Weisen sich auszudrücken. Dabei spielt es keine Rolle, ob die vielen Worte in irgendeiner Art der Konversation dienlich sind oder einfach zur Zierde in seine aufgeblähten Sätze platziert wurden. Auch lateinische Floskeln und alte, deplatzierte Film- oder Songzitate dürfen nicht fehlen. „Wehrtester Hans, lass es mich so artikulieren, meine kognitive Wahrnehmung impliziert mir, dass du häufig mein Edelstahlgedeck im kleinen Pausensalon fürs Einnehmen des Tagesmahls temporär entwendest. Würdest du dies gefälligst unterlassen? Cavee canem! Ich beobachte dich! You will never walk alone!“.

Das Arbeiten mit diesem Kollegen kann sich auf Grund seiner Empfindlichkeit als sehr schwerfällig erweisen. Besonders, wenn die Arbeit auch ein Minimum an physischer Anstrengung vorsieht. Die Sorge, sich einen Fingernagel zu ruinieren, wird ausführlich mit der Dringlichkeit der Arbeit abgewogen und setzt sich in der Regel am Ende durch. Sollte Chantal dann mal zu körperlichen Tätigkeiten gezwungen sein, auch wenn es Kleinigkeiten sind, wie beim Umzug von einem Büroplatz zum anderen zu helfen, dann steigt das Fieber schnell auf 40 °C, das Temperament geht mit ihr durch und sie verliert ihre Eleganz. „Ich bin doch kein Lumpenproletarier! Hätte ich als Bauarbeiterin arbeiten wollen, dann hätte ich eher beim Wanderzirkus angeheuert, als in diesem Saftladen!“.

Manchmal kommt es aber statt des Wutanfalls auch einfach nur zur Panikattacke. Wenn dann klar ist, dass sie mit anfassen muss, dann stürzt ihr Betriebssystem ab und sie wirkt wie paralysiert. In so einer Situation fühlt sie sich wie ein Hamster beim Tierarzt, egal wie schnell sie auf ihrem Laufrad rennt, sie kann der bitteren Spritze nicht entkommen. Meist kommt ihr dann im letzten Moment der rettende Einfall, z.B. eine Migräne vorzutäuschen, eine Methode mit welcher sie wohl auch die meisten ihrer Beziehungsprobleme zu Hause löst. Wie ein torkelnder, sterbender Schwan, lässt sie sich dann mit einer Hand auf der Stirn in einen Stuhl fallen und klagt ihr Leid heraus. „Oh Welt, schnöde Welt, es war so schön mit dir diesen Weg zu gehen, aber es fühlt sich nun nach Abschied an. Contra vim mortis non est medicamen in hortis!“.

Personenanalyse CC10 Der Künstlertyp

Die Orientierung des Künstlertyps

Das Problem

Der Künstlertyp ist wie eine – in diesem Fall nicht ganz unbezahlbare – Ming Vase, die vom Schrank fällt. Trifft sie auf den Boden auf, so kannst Du dir sicher sein, dass sie trotz des weichen Teppichbodens in tausend Teile zerspringt. Fällt sie dir auf den Kopf, so tut es weh. Versuchst Du sie aufzufangen, ist die Gefahr dennoch hoch, dass sie dir aus den Händen gleitet, denn sie ist glatt und kantig zugleich. Die empfindliche, sensible Natur und der gleichzeitig stolze, extravagante Charakter machen einen entspannten Umgang mit dem Künstlertypen schwierig. Bist du hilfsbereit, nutzt er dich schnell für die unangenehmen Arbeiten aus, gibst Du dich raubeinig, so rollen bald die Tränen. Wie geht man mit so einem Kollegen um?

Lösung 1: Samthandschuhe mit Gripp

Die goldene Mitte führt wie so häufig zum Ziel. Nicht Vernissage, nicht Studenten-Talentwettbewerb; nicht Wagner-Oper, nicht Pogo-Konzert; nicht Schweinshachse, nicht Veggie-Burger. Die Handschuhe, welche Du dir überstreifst, um Chantal aufzufangen, sollten Samt enthalten, aber auch mit Noppen für verstärkten Gripp versehen sein. Sei eine Hilfe, aber zeige ihr die Grenzen auf. Gehe Kompromisse ein, aber steck rechtzeitig die roten Linien ab. Lass dich nicht von ihren emotionalen Ausbrüchen verleiten. Chantal ist nun mal eine Dramaqueen. Mache ihr klar, dass Du nur solange mit ihr sprichst, solange sie sich ruhig und gesittet verhält. Es ist ein wenig wie Kindererziehung: Zeigst Du Schwächen, so wird sie das Künstlerbalg mit Gequengel und unter vorgetäuschtem Wehleiden ausnutzen. Lass ihr gern die Freude, sich wie die Rose auf dem Planeten des kleinen Prinzen zu fühlen, aber bleib ihr gegenüber in deinem Handeln konsequent.

Lösung 2: Moderne Kunst

Arbeitest Du mit einem Künstlertypen zusammen, dann probiere, ihm eine ganz andere Perspektive auf die Arbeit zu eröffnen.  Think out of the Box, Design Thinking, Baby! Es ist in Mode langweiligen Prozessen coole Namen zu geben. Würdest Du mit Chantal in einer Schmiede oder einem Metallverarbeitungsbetrieb arbeiten, so ist das Zerspanen von Stahlträgern nicht ein ölverschmierter Säge- und Verformungsprozess, sondern ein Funkenspektakel, begleitet von einer Oper schriller Dissonanzen! Auch im Büro kann man viel Spaß an den Effekten einer PowerPoint Präsentation und an den bunten Farben in Excel haben. Nutze ihre künstlerische Ader und überzeuge sie von der Schönheit der Symmetrie in der Buchhaltung. Schon wird aus der harten Arbeit Kunst und Vergnügen!

Lösung 3: Sturm und Drang

Kommt es zum Streit mit Chantal, so nutze ihre kreative Ader, um sie ihre Emotionen verarbeiten zu lassen. Mache das Büro zum Theater oder im Stile einer Sitcom zum Musical – aber Letzteres nur, wenn dein Talent es zulässt, ansonsten könnte das den anderen Kollegen zu sehr auf den Geist gehen. Nutze den Hang für Theatralik der Möchtegernkünstlerin, um Probleme auszutragen. Lebt gemeinsam die Emotionen aus, wenn der Wasserspender mal wieder leer ist und die Angst zu verdursten umgeht. Lass die Tränen fließen, betone die Unsinnigkeit und Ausweglosigkeit des Seins. Kurzgefasst, bediene dich ihrer Sprache und Emotionalität. So kannst Du sie dazu überzeugen, das Letzte aus sich heraus zu holen, um gemeinsam ein Projekt erfolgreich abzuschließen. Denn denk immer daran, die Quartalszahlen müssen rechtzeitig auf den Tisch, ansonsten geht die Welt unter! Vorhang zu, Happy end!

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